Uraufführung: 4. April 2017 / Kosmostheater Wien
Eine andere Welt ist möglich In der Matrix eines barocken Science-Fiction etabliert sich ein existierender Nicht-Ort des utopischen Denkens. In diesem kleinen utopischen Kern sind die Figuren in der Fiktion eines kollektiven Körpers gefangen, von dem aus sie träumen, sprechen und phantasieren. Hier bewegen sich die Märchen und Mythen unserer europäischen Kultur mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum und entfalten ein utopisches Bilderbuch, das diesen Körper beherrscht. Elemente des barocken Europas treffen auf Zukunftsvisionen und umgekehrt. Vergangenheit und Zukunft durchdringen sich und stehen nebeneinander.
In der Instabilität der Dinge liegt eine Nische im Bestehenden, das die gesamte Gesellschaft negiert, um zugleich ihr utopisches Potential zu beschreiben. UTOPIE, als Glaube an die Veränderbarkeit Nichts ist festgeschrieben. Alles kann auch ganz anders sein. Wenn nichts so sein muss, dann könnte auch BESSERES sein.
DIE MUSIK
Der Komponist und Organist Adam Mc Cartney komponiert die Bühnenmusik für Orgel, Kontrabass, vierköpfigen Chor und Solostimme.
EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH
Drei Nymphen ähnliche Androide,
Ein Fisch (Gottesfisch)
Eine Kathedrale,
Ein Chor
Eine Orgel,
Keine Luft,
Ein Loch.
Ein inmitten des Altarraumes klaffendes schwarzes Loch. Ein Bombentrichter. Das Kraterloch eines Erdvulkans. Vielleicht das Letzte überhaupt auf der Erde befindliche, heilig gewordene Bohrloch der letzten globalisierten Zivilisation. Es könnte auch eines dieser schwarzen Löcher im Universum sein, welche noch in Vorzeiten als apokalyptische Prophezeiung belächelt wurden, sich aber dann in einem erschreckenden Szenario bewahrheiteten. Die Hypothese der schwarzen Löcher besagte, dass alles, was sich nur am Rand eines solchen Loches befindet, von ihm verschluckt und in Nichts verwandelt würde. Verschwunden wäre. Das Loch in diesem Altarraum führt nach Außen und könnte genauso gut auch nach Innen führen. Es ist tief und dunkel. Ein Schlammloch. Eine Kühle steigt aus ihm hervor. Seine Schlacke dient dem sonst heißen Raum als eine Art Klimaanlage. Der Fisch badet von Zeit zu Zeit seine Flossen darin. Oft erzählt er den drei Nymphen seine Geschichten über die Menschen wie aus einem Buch. Als es auch mit dem Fisch zu Ende geht, hinterlässt er den Dreien einen Auftrag: »Schafft Neues!« Sie ahnen, dass es nicht nur die Mauern der Kathedrale sind, die das Einsaugen des Raumes durch die Kraft des »Schwarzen Loches« verhindern. (Ausschnitt aus dem Stückkonzept, 2015)
DAS WURMLOCH
Unser Universum ist möglicherweise nur eines von einer Vielzahl von parallelen Universen, die durch Wurmlöcher miteinander verbunden sind. Eine Theorie besagt, dass ein Schwarzes Loch und ein Weißes Loch zusammen ein Wurmloch bilden. Materie, die in ein schwarzes Loch fällt, würde in einem anderen Universum, aus einem weißen Loch wieder ausgestoßen werden.
Text, Regie, Choreographie: Bärbel Strehlau
Komposition: Adam McCartney
DarstellerInnen: Boris Popovic, Lise Huber, Christina Scherrer, Maria Spanring
Stimme: Giovanni Jussi
Musiker: Adam McCartney, Nikolaus Feinig
Chor: Catherine Hapke, Elisabeth Schober
Bühnenbild: Stefanie Muther
Kostüm: Diego Rojas Ortiz
Kostümassistenz: Stefanie Grißmann
Dramaturgische Mitarbeit: Wolf Lamsa
Regieassistenz: Walther Jungwirth
Produktion und Kommunikation: Simon Hajos
Fotografie: Luca Fuchs
Uraufführung: 4. April 2017 / Kosmostheater Wien
DISKUSSIONSGÄSTE WAREN:
Skero (Rapper und Musiker)
Elisabeth Hakel (SPÖ-Nationalratsabgeordnete)
Christian Köberl (Generaldirektor Naturhistorisches Museum Wien)
Barbara Klein (Intendantin KosmosTheater)
Friedhelm Frischenschlager (Bundesvorsitzender der Europäischen Föderalisten Österreich und ehem. Verteidigungsminister)
Nana Walzer (Kommunikationsexpertin und Mitherausgeberin: »Die Evolution der Menschlichkeit. Wege zur Gesellschaft von morgen.«)
Martin Kusch (Prof. für Wissenschaftsphilosophie Uni Wien)
Eva Walisch, derStandard
„Aus heiterem Himmel“: Europa als abgesoffene Utopie
Der letzte Teil der „Goodbye Europe“-Reihe im Kosmos-Theater erzählt von einer postapokalyptischen Welt
Wien – Drei androide Nymphen mit aquatürkisem Haar und Ganzkörperanzügen leben mit einem Fisch, den sie Vater nennen, weit unter der Wasseroberfläche, irgendwann in der Zukunft. Ein schwarzes, stinkendes Loch steht bedrohlich am Himmel. Die Menschen haben sich schon lange gegenseitig ersäuft, aufgeweichte Menschenleiber treiben im Meer und vergiften das Wasser. Europa ist untergegangen, womöglich die Apokalypse eingetreten. Doch die Toten sprechen noch aus den Nymphen. Ein Attentäter, der im Boot nach Europa übersetzen wollte, oder ein Fahnenträger, der im Krieg gefallen ist, erzählen so bruchstückartig ihre Geschichte. Alterio Spinellis Vision eines vereinten Europas hallt noch immer unbeirrt im Raum, während die Nymphen nach Ursachen suchen und über mögliche Auswege philosophieren.
Aus heiterem Himmel ist der dritte und letzte Teil der Good- bye Europe-Reihe der Gruppe [artfusion] im Kosmos-Theater. Während in den ersten zwei Teilen Vergangenheit und Gegenwart von Europa thematisiert wurden, widmet sich das Stück nun der Zukunft. Autorin und Regisseurin Bärbel Strehlau zeigt ein postapokalyptisches Europa, das Ergebnis einer ausweglosen Utopie. Die Kostüme, die Musik und die fragil wirkenden Projektionen schaffen eine surreale Stimmung. Die Körper der Schauspielerinnen formen sich in Choreografien zu Figuren, die wie Seeanemonen im Wasserstrom zu treiben scheinen und schon im nächsten Augenblick stocken und stottern. Die Darstellerinnen spielen mit viel Feingefühl. (..)